Aus der Klinik
Wenn Kinder und Jugendliche die Schule verweigern
Pressemitteilung vom 16. Juli 2024
Augsburg. Tim ist zehn Jahre alt und wehrt sich morgens mit Händen und Füßen gegen die Schule. Amelie, 15, taucht in der Klasse oft nicht auf und fehlt unentschuldigt. Stattdessen treibt sie sich in der Stadt herum. Fälle wie diese häufen sich. „Schulabsentismus ist mehr als nur Schwänzen – es umfasst alles von Gleichgültigkeit bis hin zu schweren Angststörungen und hat oft mehrere Ursachen. Besonders besorgniserregend ist, dass zunehmend auch jüngere Schüler betroffen sind, was insgesamt zu einer wachsenden Zahl gescheiterter Schulbiografien führt", sagt Johannes Straßer, Schulleitung der St. Gallus-Schule, Private Schule für Kranke an der KJF Fachklinik Prinzregent Luitpold in Scheidegg, die zur Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e. V. (KJF Augsburg) gehört. Schulabsentismus ist vor allem eines: ein wachsendes Problem. Die KJF Augsburg nimmt sich diesem durch verschiedene Angebote an und hilft Betroffenen zurück in die Schule.
Hintergründe von Schulverweigerung
„Schulabsentismus hat vielfältige Gründe. Grundsätzlich wird zwischen einer angstbedingten Absenz und einer Gleichgültigkeit gegenüber der Schule unterschieden", erklärt Johannes Straßer. „Ein Blick auf die Situation in der Schule hilft dabei, die Hintergründe zu verstehen. Stichworte sind Mobbing, schwierige soziale Konstellationen, Unter- oder Überforderung, Leistungsdruck oder Schulwechsel." Auch Faktoren wie soziale Ängste, Probleme im familiären Umfeld und Perspektivlosigkeit spielen eine Rolle.
Weg zurück in die Schule
So divers wie die Gründe sein können, setzen auch die Lösungen an. „Wir suchen ganz individuelle Möglichkeiten, damit Kinder und Jugendliche den Weg zur Schule schaffen, Schule aushalten und wieder Lernfreude entwickeln können", sagt Katja Seitz, Schulleitung der St. Josef Schule, Private Schule für Kranke an der KJF Klinik Josefinum in Augsburg, die unter anderem Schulverweigernde bei der Wiedereingliederung in ihre Stammschule unterstützt. Kindern und Jugendlichen kann es beispielsweise helfen, wenn Schulen ihnen einen reizreduzierten Arbeitsplatz anbieten, eine zeitweise Nutzung von geräuschunterdrückenden Kopfhörern erlauben, eine Person zur Seite zu stellen, die im Alltag begleitet oder sogar einen Ruheraum mit geschultem Personal einrichten. „Wir setzen viele dieser Maßnahmen gewinnbringend ein und stehen auch jederzeit beratend zur Seite, welche davon im individuellen Fall an der Stammschule Sinn ergeben", so Michael Schildberg, Studienrat an der St. Josef Schule.
Umfassende Hilfsangebote
Die KJF Augsburg bietet vielfältige Unterstützung für Betroffene und deren Familien. Ein paar Beispiele:
- An den KJF Kliniken mit ihren Schulen für Kranke werden Kinder und Jugendliche in einem sicheren und konsequenten Rahmen behandelt – sowohl therapeutisch als auch schulisch.
- In der schulbezogenen Jugendsozialarbeit an über 100 Standorten in der Diözese Augsburg helfen Mitarbeitende direkt vor Ort im schulischen Umfeld, in dem sie vermitteln und vertrauensvolle Ansprechpersonen sind.
- Die KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungen an über 25 Orten in Schwaben, im Allgäu und im Bayerischen Oberland unterstützen niedrigschwellig und kostenlos bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme. An die Beratungsstellen können sich Jugendliche auch direkt wenden, ohne Einverständnis der Sorgeberechtigten.
- Ein besonderes Angebot für Schulverweigernde ist außerdem die „Schule in der Werkstatt" des Frère-Roger-Kinderzentrums der KJF Augsburg. Hier werden junge Menschen, deren Beschulung gefährdet ist oder die schwer zu beschulen sind, durch individuelle und handlungsorientierte Maßnahmen unterstützt und auf die langfristige Rückkehr in ihre Regelklasse vorbereitet.Die Kinder und Jugendlichen profitieren bei all diesen Angeboten vom interdisziplinären Austausch der Fachkräfte innerhalb der KJF Augsburg. So fand beispielsweise im Juni 2024 ein internes Austauschforum zum Thema Schulabsentismus statt, bei dem 50 Mitarbeitende einrichtungsübergreifend in Dialog gingen, um von gegenseitigen Erfahrungen und Ansätzen zu profitieren.
Symbolbild oben: Adobe Stock